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Stomahelden Blog: Themen für Menschen mit Stoma

Gesundheit

Herausforderungen und Chancen in der Fistelversorgung

Die Versorgung von Fisteln ist ein Thema, das nach wie vor viel zu selten offen angesprochen wird. Für viele Betroffene ist sie mit Scham behaftet – zu groß ist die Angst vor Stigmatisierung, Ekelreaktionen oder Unverständnis. Dabei handelt es sich bei Fisteln um ernsthafte medizinische Probleme, die eine individuell angepasste und fachkundige Versorgung erfordern. Doch neben der medizinischen Herausforderung ist es vor allem die gesellschaftliche Tabuisierung, die die Situation für Betroffene zusätzlich erschwert.

Eine große Herausforderung für alle Beteiligten

Fisteln stellen eine komplexe Herausforderung dar – nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für Pflegekräfte und Angehörige. Der Alltag mit einer Fistel ist oft geprägt von unangenehmem Geruch, Schmerzen, anhaltendem Wundsekret, großflächigen Hautläsionen und einer insgesamt erschwerten, verzögerten Wundheilung. Diese Symptome beeinträchtigen nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Gesundheit erheblich.

Darüber hinaus ist der Zeitaufwand für die Versorgung nicht zu unterschätzen. Im Vergleich zu regulären Wundverbänden ist die Versorgung von Fisteln deutlich zeitintensiver. Hier gilt es, mit viel Fingerspitzengefühl, Erfahrung und Geduld zu arbeiten – eine echte Herausforderung im oft eng getakteten Pflegealltag.

Komplexes Management erfordert fachliches Know-how

Ein professionelles Fistelmanagement umfasst weit mehr als nur das Aufbringen eines Verbandes. Es beginnt bei einer gründlichen Diagnostik und beinhaltet darüber hinaus die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung, eine phasengerechte Wundversorgung sowie ein gezieltes Stuhlmanagement. All diese Aspekte müssen optimal aufeinander abgestimmt sein, um eine effektive und zugleich schonende Behandlung zu gewährleisten.

Besonders herausfordernd ist dabei die Tatsache, dass jede Fistel individuell ist. Lage, Größe, Exsudatmenge und Hautbeschaffenheit variieren von Patient zu Patient, wodurch standardisierte Lösungen oftmals nicht ausreichen. Vielmehr ist häufig eine improvisierte, handwerklich geschickte Anpassung nötig – eine „Bastelei“, um eine dichte und sichere Versorgung zu gewährleisten. Diese improvisierten Lösungen sind zwar kreativ, aber sie dürfen keine Dauerlösung sein.

Versorgungsengpässe und hohe Kosten als Hürden

Obwohl es inzwischen einige spezielle Fistelbeutel und -systeme auf dem Markt gibt, bleiben viele Betroffene unterversorgt. Grund dafür sind zum einen die hohen Kosten für diese spezialisierten Produkte, zum anderen aber auch mangelnde Informationen und fehlende Schulung im medizinischen Fachpersonal. Zu oft fallen Fistelpatienten durch das Raster des Versorgungssystems – mit dramatischen Folgen für ihre Lebensqualität.

Fistelversorgung bei Stomaträgern: Eine doppelte Herausforderung

Besonders herausfordernd wird die Versorgung, wenn Fisteln im Zusammenhang mit einem Stoma auftreten – eine Situation, die gar nicht so selten ist. Gerade bei Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn besteht ein erhöhtes Risiko für die Bildung von Fisteln, insbesondere peristomal, also im direkten Umfeld des Stomas. Auch nach Operationen oder infolge von Wundheilungsstörungen können sich Fistelgänge im Bereich des Stomas entwickeln.

Die gleichzeitige Versorgung von Stoma und Fistel stellt medizinisches Fachpersonal vor komplexe Aufgaben: Undichte Stomaversorgungen durch Fistelsekret, Hautmazerationen und erschwerte Haftbedingungen für Hilfsmittel sind nur einige der praktischen Herausforderungen. Die betroffenen Personen leiden dabei nicht nur körperlich, sondern häufig auch psychisch unter der Situation – das Gefühl, dass „nichts mehr richtig hält“, ist weit verbreitet. Eine sichere, individuell angepasste Versorgungslösung zu finden, ist in solchen Fällen besonders anspruchsvoll. Hier ist eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Wund-Experten, Stoma-Therapeuten und behandelnden Ärzten gefragt.

Chancen: Individualisierte Lösungen und mehr Aufmerksamkeit

Doch es gibt auch Chancen, die in dieser schwierigen Versorgungssituation stecken. Eine davon ist die zunehmende Aufmerksamkeit, die dem Thema durch engagierte Fachpersonen in der Pflege und Medizin geschenkt wird. Innovative Unternehmen entwickeln inzwischen immer häufiger passgenaue Versorgungslösungen, die auf die besonderen Anforderungen der Fistelversorgung abgestimmt sind. Auch die Zahl an Fortbildungen und Fachseminaren steigt, was langfristig zu einer besseren Versorgungskompetenz führen kann.

Wichtig ist jedoch, dass die Versorgung nicht nur technisch, sondern auch menschlich auf Augenhöhe stattfindet. Eine offene Kommunikation, mehr Sensibilisierung im medizinischen Alltag und das aktive Einbeziehen der Betroffenen in die Therapieentscheidung sind essenziell, um die Versorgung nachhaltig zu verbessern.

Fisteln dürfen kein Tabuthema mehr sein. Es ist an der Zeit, dieses Thema aus der Scham- und Nischenecke zu holen – für weniger Leidensdruck, mehr Lebensqualität und eine Versorgung, die nicht auf Improvisation, sondern auf Expertise basiert. Dafür braucht es Aufklärung, gezielte Schulung und politische sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die individuelle Versorgungslösungen ermöglichen.

Sie, als Pflegekraft, Angehörige oder medizinische Fachperson, können durch Offenheit, Wissen und Empathie einen entscheidenden Beitrag leisten. Denn nur gemeinsam gelingt es, die Fistelversorgung aus dem Schatten zu holen – hin zu einer menschenwürdigen, effizienten und individuellen Betreuung.