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Multiple Sklerose (MS)

Elena Leibold

Elena Leibold
Kontinenz-Expertin
Examinierte Krankenschwester
Fachkraft für Kontinenzförderung

Was ist Multiple Sklerose?

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Erkrankung des Zentralnervensystems (ZNS). Meistens bricht sie zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr aus. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Im Laufe der Krankheit treten an verschiedenen Stellen des Gehirns und des Rückenmarks Entzündungen auf. Die Folge sind Beschwerden und Funktionseinschränkungen in unterschiedlichen Körperteilen. Die von der Krankheit betroffenen Stellen im ZNS können sich regenerieren, dann normalisieren sich die körperlichen Funktionen wieder. Erfolgt keine Regeneration, bleiben Beeinträchtigungen zurück. Im ZNS von MS-Patienten sind vielfache (multiple) Vernarbungen (Sklerosen) zu finden. Die Symptome der MS treten unvorhersehbar und häufig schubförmig auf. Eine Heilung der Erkrankung ist heute noch nicht möglich. Sie lässt sich jedoch mit Medikamenten und anderen Methoden gut behandeln.

Welche Ursachen hat MS?

Trotz großer Anstrengungen vieler Forscher auf der ganzen Welt sind die MS-Ursachen noch nicht vollständig geklärt. Wahrscheinlich gibt es keine einzelne MS-Ursache. Vielmehr müssen vermutlich mehrere Ursachen und Risikofaktoren zusammenwirken, damit die Erkrankung ausbricht:

Erbfaktoren

Viele Forschungen der letzten Jahre lassen vermuten, dass Erbfaktoren zu den MS-Ursachen zählen. Etwa 20 Prozent der MS-Betroffenen haben Familienmitglieder, die ebenfalls erkrankt waren oder sind. Es besteht jedoch keine direkte Vererbungslinie, das heißt die Kinder eines erkrankten Elternteils werden nicht automatisch an Multipler Sklerose erkranken. Außerdem ist das Risiko zwischen den Geschlechtern unterschiedlich verteilt. So liegt das Erkrankungsrisiko für die Nachkommen von an MS erkrankten Eltern bei den Söhnen unter einem Prozent, bei den Töchtern jedoch bei rund fünf Prozent. Erkrankt bei eineiigen weiblichen Zwillingen eines an MS, liegt das Risiko für die Zwillingsschwester zwischen 30 und 35 Prozent. MS-Betroffene können sich in einer genetischen Beratungsstelle darüber informieren, wie hoch das Risiko ist, dass ihre Nachkommen ebenfalls erkranken.

Bei der Betrachtung von Erbfaktoren als MS-Ursachen ist auch der Einfluss von Umweltfaktoren zu bedenken, denn wenn Familienmitglieder, die zusammenleben, an MS erkranken, können auch die Umweltbedingungen dafür verantwortlich sein. Generell wird aber heute der Einfluss von Erbfaktoren auf die Krankheitsentstehung höher eingeschätzt.

Infektionen

Wissenschaftler halten es für wahrscheinlich, dass bestimmte Viren und Bakterien an der Entstehung der MS beteiligt sein könnten. Dazu zählen Herpesviren, das Eppstein-Barr-Virus sowie Bakterien wie Campylobacter oder Chlamydia pneumoniae. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Betroffene – ähnlich wie bei einem Schnupfen oder einem Magen-Darm-Infekt - sofort nach dem Kontakt mit einem solchen Erreger an MS erkrankt. Vielmehr vermuten die Forscher, dass die Infektion schon viele Jahre zurückliegt. Zu jenem Zeitpunkt haben Entzündungsreaktionen zur Erregerabwehr stattgefunden. Es besteht die Möglichkeit, dass diese Reaktionen den späteren Ausbruch der Multiplen Sklerose begünstigen.

MS-Betroffene und ihre Angehörigen sowie Pflegekräfte und Ärzte müssen sich also keine Sorgen machen, dass MS „ansteckend“ ist. Denn selbst wenn eine lange zurückliegende Infektion mit einem der genannten Bakterien oder Viren die Ursache der MS sein sollte, scheidet der Betroffene keine Krankheitserreger mehr aus oder kann sie auf andere Menschen übertragen.

Ziemlich sicher sind sich die Forscher jedoch darin, dass Bakterien und Viren schubauslösend sein können. Denn bei einer Infektion mit diesen Krankheitserregern werden im Körper Immunzellen aktiviert. Das bedeutet, dass sie aus ihrem Ruhezustand in einen aktivierten Zustand übergehen und in den Blutkreislauf gelangen. Dabei kann es passieren, dass sie die Blut-Hirn-Schranke überwinden und in Gehirn und Rückenmark übertreten. Dort können sie entzündliche Prozesse verstärken und einen MS-Schub auslösen. Deshalb ist es für MS-Patienten wichtig, insbesondere in Zeiten großer Infektionsgefahr, beispielsweise während einer „Grippewelle“, vorbeugende Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen unbedingt einzuhalten.

Umweltfaktoren

Es gibt große geografische Unterschiede bezüglich des Auftretens der MS. In tropischen und subtropischen Regionen kommt sie kaum vor, während die Erkrankungshäufigkeit in gemäßigten Klimazonen hoch ist. Diese Befunde sprechen dafür, dass klimatische Faktoren zu den MS-Ursachen zählen. Er gibt aber auch regionale Unterschiede innerhalb eines Landes. Für diese Verteilungsmuster hat man noch keine plausible Erklärung gefunden.

Immunfaktoren

Die Forscher sind sich weitgehend sicher, dass Reaktionen des Immunsystems eine ursächliche Rolle bei der Entstehung der MS spielen. Für diese Hypothese spricht vor allem, dass Arzneimittel wie Natalizumab und Fingolimod, die bestimmte Immunreaktionen unterdrücken, erfolgreich zur MS-Therapie eingesetzt werden.

Man vermutet, dass lange Zeit vor den ersten klinischen Zeichen der Erkrankung Immunzellen aus dem Blut in das ZNS einwandern. Im weiteren Verlauf kommt es wahrscheinlich durch die Mitwirkung weiterer Immunzellen zu Entzündungen und zu einem Abbau der Myelinschicht. Das Besondere an diesen Reaktionen ist, dass Immunzellen, die eigentlich für den Schutz des Körpers verantwortlich sind, sich gegen ihn richten. Das nennt man Autoimmunreaktionen.

Risikofaktoren

Es ist bekannt, dass bestimmte Ereignisse, Lebensbedingungen oder sonstige Faktoren den MS-Verlauf ungünstig beeinflussen können. Dazu zählen psychischer Stress, Rauchen, eine Erhöhung der Körpertemperatur bzw. Fieber. Rauchen soll nicht nur das Risiko für MS erhöhen, sondern auch zu einem besonders rasch fortschreitenden Verlauf führen.

Was sind die Symptome bei MS?

MS-Symptome können sehr unterschiedlich und vielfältig sein und in verschiedenen Regionen des Körpers auftreten. Daher wird Multiple Sklerose auch „Krankheit der 1000 Gesichter“ genannt. Zu den Symptomen, die MS-Patienten am stärksten belasten, zählen:

  • Probleme, die Ausscheidungen der Blase und des Darms zu kontrollieren (Harninkontinenz, Stuhlinkontinenz)
  • Lähmungen der Muskeln oder eine krampfartige Erhöhung der Muskelspannung in Armen und Beinen (Spastik)
  • sehr starke Müdigkeit und Abgeschlagenheit (Fatigue)

Aber auch Schmerzen, Sehstörungen, Probleme mit dem Gleichgewicht und der Koordination, Empfindungsstörungen an Armen und Beinen, Störungen der Sexualität, Sprech- und Schluckstörungen, Depressionen sowie Gefühle von Angst, Niedergeschlagenheit und Alleinsein bestimmen das Leben von Patienten mit MS.

Zu weiteren MS-Symptomen zählen Demenz und Störungen des Denkens.

Häufig hängen diese Beschwerden miteinander zusammen. Wenn ein MS-Patient regelmäßig unter Schmerzen und plötzlicher Spastik leidet und/oder Taubheitsgefühle in Armen und Beinen verspürt, wirkt sich das oft negativ auf das Sexualleben und die Partnerschaft aus. Probleme in der Beziehung können wiederum Gefühle von Niedergeschlagenheit oder die Angst, verlassen zu werden, erzeugen.

Störungen des Denkens und der Merkfähigkeit werden häufig auch durch Medikamente ausgelöst oder verstärkt. Das ist z.B. bei Arzneimitteln zur Behandlung von Blasenstörungen, von Krämpfen und Entzündungen (Kortison) der Fall.

Einige Beschwerden wie Sehstörungen oder Fatigue lassen sich bereits sehr früh, das heißt lange vor der Diagnose durch den Arzt, beobachten. Dagegen treten Spastiken, Lähmungserscheinungen oder Inkontinenz infolge einer Störung der Blasenfunktion häufig erst im späteren Krankheitsverlauf auf. Nicht zuletzt können Beschwerden durch Nebenwirkungen von Medikamenten entstehen, die der Arzt gegen die Multiple Sklerose verordnet.

Einige MS-Symptome, wie starke Müdigkeit, Augenbeschwerden oder Darmstörungen, sind auch für andere Krankheiten typisch. Deshalb ist es für die Ärzte nicht immer leicht, eine MS-Diagnose zu stellen.

Blasenstörungen

Störungen der Blasenfunktion (Harninkontinenz) treten bei etwa 90 Prozent der MS-Patienten auf. Sie gehören gemeinsam mit Störungen der Darmkontrolle (Stuhlinkontinenz) und der Fatigue zu den MS-Symptomen, die die Lebensqualität am stärksten beeinträchtigen. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass Betroffene die Teilnahme an sozialen Aktivitäten aus Schamgefühl häufig stark einschränken.

Da eine Blasenstörung bei MS-Betroffenen eine neurologische Ursache hat, wird sie als neurogene Blasenfunktionsstörung bezeichnet.

Für das Öffnen und Schließen der Blase sind Schließmuskeln und Nerven verantwortlich, welche für eine normale Blasenfunktion gut zusammenarbeiten müssen. Bei der MS sind jedoch Areale im Gehirn und Rückenmark teilweise oder ganz zerstört, sodass die entsprechenden Impulse nicht mehr oder nur noch unvollständig verarbeitet werden und somit die Zusammenarbeit der Muskeln und Nerven nicht mehr richtig funktioniert. Das kann die für MS typischen Beschwerden wie Harninkontinenz, starker Harndrang und Schmerzen verursachen. Die Symptome variieren je nach Position der Entzündungsherde. Oftmals verstärken sich die Symptome mit der Zeit, doch Blasenfunktionsstörungen können sich auch wieder zurückbilden.

Man unterscheidet bei Blasenstörungen:

  • Speicherstörungen („Hyperaktive Blase“, „Drangblase“)
  • Entleerungsstörungen („Überlaufblase“)
  • Störungen der Blasenschließmuskelfunktionen (Dyssynergie) sowie Mischformen

Bei der hyperaktiven Blase, auch Dranginkontinenz oder Drangblase genannt, hat der MS-Patient Probleme, den Urin einzuhalten. Ursache ist unter anderem, dass der Blasenmuskel sich nicht ausreichend entspannen kann, um größere Urinmengen in der Blase zu sammeln. Deshalb entsteht sehr häufig der Drang, die Toilette aufzusuchen, obwohl dann nur kleine Urinmengen ausgeschieden werden. Der Harndrang kann auch während des Schlafs entstehen. Wenn er so stark ist, dass der Betroffene es nicht bis zur Toilette schafft, kommt es zur Inkontinenz.

Die als Überlaufinkontinenz bezeichnete Störung entsteht, wenn der Blasenmuskel zu schwach ist und sich nicht richtig zusammenziehen kann. Dadurch sammeln sich sehr große Urinmengen in der Blase an. Sie werden nicht wie bei Gesunden regelmäßig komplett entleert. Stattdessen gehen ab und zu kleine Urinmengen ab („Tröpfeln“), sodass die Betroffenen oft ebenfalls an Inkontinenz leiden.

Das Führen eines Miktionsprotokolls über einige Tage hinweg kann erste Aufschlüsse darüber geben, ob eine Harninkontinenz bzw. welche Inkontinenzform vorliegt.

Miktionstagebuch
Miktionsprotokoll (Download als PDF-Datei)

Heute gibt es eine große Bandbreite moderner Inkontinenzprodukte, die den Betroffenen helfen, sicher und diskret mit der Situation umzugehen. Hierzu gehören aufsaugende Produkte wie Windeln für Erwachsene und Inkontinenzeinlagen, und ableitende Systeme wie Urinalkondome und Blasenkatheter. Letztere werden bei Blasenentleerungsstörungen mit der Gefahr der Bildung von Restharn eingesetzt. Blasenkatheter lassen sich unterteilen in transurethrale (durch die Harnröhre) und suprapubische (durch die Bauchdecke) Dauerkatheter und Einmalkatheter zur intermittierenden Selbst- oder Fremdkatheterisierung.

Inkontinenzprodukte>
Inkontinenzprodukte

Da in der Therapie gegen die MS-Symptome meist Immunsuppressiva eingesetzt werden, die das Immunsystem unterdrücken, besteht eine erhöhte Infektionsgefahr, insbesondere auch für Harnwegsinfekte. Gerade diese bergen einige Gefahren, denn durch sie kann sich der Gesundheitszustand des Patienten deutlich verschlechtern und u.U. sogar ein neuer Schub ausgelöst werden. Ferner werden Harnwegsinfekte leicht als Schub fehlinterpretiert, da die eigentlichen Symptome des Infekts aufgrund der verringerten Empfindlichkeit der Nervenbahnen weniger bis gar nicht wahrgenommen werden. Daher ist es für MS-Patienten besonders wichtig, sich so selten wie möglich mit Harnwegsinfekten zu infizieren. Zur Vermeidung von Harnwegsinfektionen wird empfohlen, eine ausreichende Menge an Flüssigkeit zu sich zu nehmen und Unterkühlungen zu vermeiden.

Darmstörungen

Darmstörungen treten bei Patienten mit Multipler Sklerose häufig gemeinsam mit Blasenstörungen auf. Oft sind diese Beschwerden schon zu Beginn der Erkrankung vorhanden. Sie können auch nebeneinander bestehen. Ursache dafür sind Störungen in den Nerven, die Darm und Blase versorgen und für deren Funktion verantwortlich sind. Das führt dazu, dass MS-Patienten einen Stuhldrang, wie er bei Gesunden auftritt, nicht richtig wahrnehmen können. Dann geht der Stuhl unkontrolliert ab und man spricht von einer Stuhlinkontinenz. Das erzeugt ein großes Schamgefühl. Heute gibt es jedoch moderne Hilfsmittel, die Betroffenen die Teilnahme am sozialen Leben trotz Stuhlinkontinenz ermöglichen wie beispielsweise Analtampons.

Neben der Stuhlinkontinenz ist die Verstopfung eine häufige Darmstörung bei MS. Die Ursachen für Verstopfungen können sehr vielfältig sein. Dazu zählen eine allgemeine Muskelschwäche, Bewegungsmangel oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Auch für Verstopfungen gibt es Behandlungsmöglichkeiten wie Medikamente (MS-Therapie) und Prozeduren wie die anale Irrigation. Bei der analen Irrigation wird eine spezielle Flüssigkeit über den After in den Darm eingebracht. Als Folge davon dehnt sich der Darm, die Entleerung wird angeregt. Damit können Betroffene ganz gezielt ihren Stuhl abführen.

Um eine Stuhlinkontinenz bzw. dessen Ausprägungsmaß festzustellen, gibt es auch hier ein Tagebuchformat zum Ausfüllen, das sog. Stuhltagebuch.

Stuhltagebuch
Stuhltagebuch (Download als PDF-Datei)

Muskelstörungen

Störungen der Muskelfunktion zeigen sich bei MS-Patienten als Kraftlosigkeit, Lähmungen oder eine unnatürlich erhöhte Muskelspannung (Spastik). Letztere führt dazu, dass sich Gliedmaßen (z.B. die Beine) versteifen oder Fehlhaltungen entstehen (beispielsweise der Hände). Eine Spastik ist häufig mit Kraftlosigkeit, Schmerzen, Störungen der Feinmotorik, einem rhythmischen Zittern (z.B. in den Füßen), einem Schwere- und Spannungsgefühl und/oder Bewegungseinschränkungen verbunden. Betroffene können nur noch eingeschränkt stehen oder gehen. Kommen noch Muskellähmungen dazu, kann dies bis zur Bewegungsunfähigkeit (Immobilität) der Patienten führen. Daraus können weitere Probleme entstehen wie das Durchliegen (Dekubitus). Störungen der Muskelfunktion führen häufig auch zu Problemen mit dem Gleichgewicht und der Koordination bei verschiedenen Tätigkeiten. Auch Sprech- und Schluckstörungen sind eine Folge der gestörten Muskelfunktion bei MS.

Sprech- und Schluckstörungen

Sprechstörungen kommen bei MS-Patienten dadurch zustande, dass die Sprechmuskulatur, und dabei besonders die der Zunge, gelähmt ist oder die einzelnen Muskelgruppen nicht richtig zusammenarbeiten. Die Folge ist häufig eine „verwaschene“ Sprache, ein „Nuscheln“. Manchmal sprechen Betroffene auch „abgehackt“ oder in einer nicht angepassten Lautstärke, also entweder zu leise oder zu laut. Sprechstörungen sind ein MS-Symptom, das einen hohen Leidensdruck verursacht. Denn wenn die Betroffenen nicht mehr richtig mit anderen Menschen kommunizieren können, führt das – ähnlich wie bei den Blasenstörungen – leicht zu sozialer Isolation.

Ähnlich verhält es sich bei den Schluckstörungen. Essen und Trinken dienen nicht nur der Nahrungsaufnahme, sondern sind ein Teil der Kultur, sind mit Genuss und Geselligkeit verbunden. Zusätzlich besteht bei Schluckstörungen die Gefahr, dass Teile der Nahrung wie Tröpfchen oder Krümel eingeatmet werden und kleine Schäden in der Lunge erzeugen. Diese können sich ausweiten und bis zur Lungenentzündung führen. Wenn der Patient wegen seiner Schluckstörung insgesamt zu wenig Flüssigkeit und Nahrung zu sich nimmt, kann eine Mangelernährung die Folge sein. Aus diesen Gründen müssen Sprech- und Schluckstörungen gezielt untersucht und behandelt werden.

Fatigue

Die Fatigue gehört zusammen mit den Blasenfunktionsstörungen zu den MS-Symptomen, unter denen MS-Patienten im Alltag am meisten leiden. Eine Fatigue kann man nicht mit der normalen Müdigkeit nach einem langen Tag oder einer anstrengenden Arbeit bei gesunden Menschen vergleichen. Sie ist vielmehr ein Zustand mit außerordentlicher Müdigkeit, einem ausgeprägten Gefühl von Erschöpfung und fehlender Kraftreserven sowie einem sehr starken Bedürfnis nach Ruhe und Erholung. Doch anderes als eine Müdigkeit bei Gesunden lässt sich eine Fatigue nicht durch Schlafen, Ausruhen oder Entspannungsmaßnahmen beheben. Manche MS-Patienten fühlen sich durch die Fatigue stärker beeinträchtigt als durch Lähmungserscheinungen oder eine körperliche Behinderung.

Augenbeschwerden

Die häufigsten Augenbeschwerden bei MS sind Sehstörungen und Augenbewegungsstörungen. Sehstörungen entstehen meistens durch eine Entzündung des Sehnervs. Mediziner sprechen dann von einer Optikusneuritis. Typische Beschwerden bei einer Sehnerv-Entzündung sind Augenschmerzen, Störungen des Farbsehens, verschwommenes Sehen (wie durch eine Milchglasscheibe) oder die sog. Gesichtsfeldausfälle, bei denen Betroffene schwarze Flecken sehen.

Augenbewegungsstörungen entstehen dadurch, dass Bereiche des Gehirns, die für das Sehen verantwortlich sind, durch die Multiple Sklerose beschädigt wurden. Die Patienten können dann beide Augen nicht mehr parallel bewegen. Sie sehen häufig Doppelbilder oder klagen über Augenzittern. Als Folge davon kommt es zu verschwommenem Sehen und auch Schwindel.

Wie erfolgt die Diagnose von MS?

Die MS-Diagnostik ähnelt einem Puzzle, denn die Symptome der Erkrankung können individuell sehr verschieden sein. Außerdem ist die MS-Diagnostik häufig sehr langwierig, da der Arzt verschiedene Methoden anwendet, um ganz sicher zu sein.

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Für die Diagnose der MS sind folgende Untersuchungen am wichtigsten:

  • die ausführliche Befragung zur Vorgeschichte des Patienten (Anamnese),
  • die körperliche neurologische Untersuchung,
  • technische Untersuchungen, vor allem die Magnetresonanztomographie (MRT).

Darüber hinaus kann der Arzt weitere Untersuchungen vornehmen lassen: Laboranalysen des Blutes oder des Gehirnwassers, die Messung evozierter Potenziale, die Optische Kohärenztomografie (OCT) sowie genetische (molekularbiologische) Verfahren.

Anamnese

Unter dem Fachbegriff Anamnese ist die Krankengeschichte zu verstehen. Bei der Anamnese-Erhebung befragt der Arzt den Patienten gezielt nach Vorkommnissen in der Vergangenheit, die mit seiner Erkrankung in Verbindung stehen könnten. Dazu zählen frühere schwere Infektionen oder Operationen, aber auch Krankheiten, die in der Familie des Patienten aufgetreten sind, insbesondere Krebserkrankungen.

In der Krankengeschichte von MS-Patienten ist häufig wenig Auffälliges festzustellen. Erst durch gezieltes Nachfragen erfährt der Arzt vielleicht, dass der Betroffene schon einmal auf einem Auge unter einer Sehstörung wie Verschwommensehen gelitten hat, die aber nur kurzzeitig aufgetreten war. Oder der Patient hatte vorübergehend ein Taubheitsgefühl in einem Arm oder einem Bein, das aber nach kurzer Zeit wieder verschwunden war. Wegen dieser nur flüchtig auftretenden MS-Symptome, die der Patient nicht als solche deuten kann, erfolgt häufig kein Arztbesuch. Daher wird die MS z.T. über einen sehr langen Zeitraum nicht erkannt oder es wird eine andere Erkrankung vermutet und dann vermutlich eine überflüssige Behandlung durchgeführt.

Neurologische Untersuchung

Unter einer neurologischen Untersuchung oder einem neurologischen Status wird das Ergebnis einer körperlichen Untersuchung verstanden. Es gibt verschiedene typische Zeichen, die auf eine MS hinweisen und die bei dieser Untersuchung festgestellt werden können. Dazu zählen beispielhaft:

  • Pupillenstörungen: Hält der Arzt eine helle Taschenlampe kurz abwechselnd vor beide Augen des Patienten, kommt es auf einer Seite zu einer langsameren Verengung der Pupille als auf dem anderen Auge. Ursache dafür ist eine einseitige Sehnervenentzündung, ein häufiges MS-Symptom.
  • Babinski-Zeichen: Der Arzt streicht mit dem Finger oder einem kleinen Stab über die Fußsohle: von der Ferse ausgehend zum kleinen Zeh und dann halbkreisförmig zum großen Zeh. Bei MS bewegt sich der große Zeh Richtung Kopf und die anderen Zehen gehen wie bei einem Fächer auseinander. Bei Gesunden bewegt sich der große Zeh Richtung Fußsohle.
  • Dysarthrie: Sprechstörung bei MS, das heißt Betroffene haben eine undeutliche, „verwaschene“ oder abgehackte Sprechweise.
  • Lhermitte-Zeichen: Beugt der Betroffene seinen Kopf stark in Richtung Brust, kommt es zu einem kribbelnden Gefühl, wie „Ameisenlaufen“, vom Nacken ausgehend über die Arme bis in die Beine.
  • Paresen: Lähmungserscheinungen in verschiedenen Muskeln.

Technische Untersuchungen

Mit normalen Röntgenstrahlen können die bei einer Multiplen Sklerose geschädigten Strukturen im Gehirn (Läsionen) nicht sichtbar gemacht werden. Dies wurde erst durch die Entwicklung der Computertomografie (CT) möglich. Eine viel detailgetreuere Abbildung von Gehirnstrukturen gelingt, seit die Magnetresonanztomographie (MRT) in die MS-Diagnostik Einzug gehalten hat. Sie ist heute die wichtigste technische Untersuchungsmethode bei MS, bei der der Patient, anders als bei Röntgen und der CT, keiner Strahlenbelastung ausgesetzt wird.

Das Prinzip der MRT besteht darin, dass der Körper des Patienten in einem Gerät mit einem starken Magnetfeld liegt. Elektrisch geladene Teilchen (Protonen) in den Körpergeweben werden dabei kurzzeitig in eine bestimmte Richtung gelenkt. Wenn sie wieder in ihre ursprüngliche Position zurückkehren (Relaxation), kann ein elektromagnetisches Signal gemessen werden. Dieses gibt Auskunft über bestimmte Veränderungen in den Geweben. Im Kopf des Patienten können auf diese Weise in drei jeweils senkrecht zueinanderstehenden Schnittebenen MS-Läsionen sichtbar gemacht werden. Sie sind als weiße ovale oder kreisrunde Flecken zu erkennen. Zur besseren Darstellung wird häufig noch ein Kontrastmittel über die Armvenen des Patienten in den Blutkreislauf gegeben.

Wie sieht der Krankheitsverlauf von MS aus?

Die MS ist bei jedem Betroffenen sehr individuell ausgeprägt und ihr Verlauf nicht vorhersehbar. Es gibt jedoch einige Faktoren, die darauf hinweisen, dass die Erkrankung eher günstig verläuft. Dazu zählen vor allem das Auftreten der ersten Symptome im frühen Erwachsenenalter (< 40 Jahre), ein Krankheitsbeginn mit nur einem Symptom wie Taubheitsgefühl oder Augenbeschwerden, ein schubförmiger Verlauf mit geringer Schubfrequenz sowie eine komplette Rückbildung der Einschränkungen nach dem Schub. Außerdem hat man herausgefunden, dass eine Multiple Sklerose bei Frauen häufig schwächer verläuft als bei Männern.

Bei etwa einem Drittel aller MS-Patienten verläuft die Erkrankung ohne größere Behinderungen. Bei einem weiteren Drittel kommt es zu Defiziten, die auch den Alltag beeinträchtigen. Sie lassen sich jedoch meistens mit einer Berufstätigkeit vereinbaren und erschweren die Familienplanung nur geringfügig. Nur ein Drittel aller MS-Patienten sind so weit beeinträchtigt, dass sie berufsunfähig und pflegebedürftig werden.

Die Lebenserwartung eines MS-Patienten mit höhergradigen Behinderungen liegt etwa sechs bis zehn Jahre unter der allgemeinen Lebenserwartung. Ansonsten können Betroffene eine annähernd normale Lebensspanne erreichen, sofern sie ärztlich und pflegerisch gut versorgt und betreut sind, auf die Behandlung gut ansprechen und keine Komplikationen oder schwerwiegenden Folgeerkrankungen auftreten. Die häufigsten Komplikationen, an denen MS-Patienten sterben, sind Lungenerkrankungen (z.B. Lungenembolie), eine von den Harnwegen ausgehende Blutvergiftung (Sepsis), eine Austrocknung (Dehydratation) oder Selbstmord (Suizid). Das Risiko eines Suizids als Todesursache ist bei MS-Patienten siebenmal höher als in der Normalbevölkerung.

Grundsätzlich unterscheidet man vier verschiedene MS-Verläufe:

Klinisch isoliertes Syndrom (KIS)

Das Klinisch isolierte Syndrom steht oft am Anfang der MS. Typisch dafür sind Empfindungsstörungen, Schwächegefühl in Armen und Beinen, Gleichgewichts- und Sehstörungen. Mithilfe der Magnetresonanztomographie kann der Arzt unter Umständen MS-typische Veränderungen im Gehirn nachweisen. Nicht immer geht ein KIS in eine MS über.

Primär progrediente MS (PPMS)

Bei einer primär progredienten MS treten keine isolierten Schübe auf. Es kommt stattdessen von Anfang an zu einer kontinuierlichen, „schleichenden“ Verschlechterung des Zustandes des Patienten. Zwar können die Beschwerden zeitweise pausieren oder sich abschwächen, letztendlich kommt es aber zu fortschreitender Verschlechterung und Behinderung. Von diesem MS-Verlauf sind etwa zehn bis 15 Prozent der MS-Patienten betroffen. Hauptsächlich sind es diejenigen, bei denen die Erkrankung erst nach dem 40. Geburtstag begonnen hat.

Sekundär progrediente MS (SPMS)

Bei der sekundär progredienten MS beginnt die Erkrankung schubförmig. Später geht sie in eine Phase mit langsam fortschreitender Verschlechterung und zunehmender Behinderung über. Dabei können Schübe auftreten, jedoch nicht in allen Fällen. Von dieser Verlaufsform sind etwa 40 Prozent der Patienten betroffen.

Schubförmig remittierende MS / Relapsing Remitting MS (RRMS)

Die häufigste Verlaufsform ist die schubförmig remittierende MS; sie tritt bei etwa 80 Prozent der Betroffenen auf. Dabei wechseln MS-Schübe, die in mehr oder weniger großen Abständen auftreten, mit beschwerdefreien Phasen ab und bilden sich entweder vollständig oder unvollständig zurück.

Was ist ein MS-Schub?

Das Erkennen eines MS-Schubs ist nicht immer einfach. Für den Arzt ist es äußerst wichtig, dass er einen MS-Schub von einem Pseudoschub (ein scheinbarer Schub) sowie einer vorübergehenden Verschlechterung der MS-Symptome unterscheidet. Zu einem Pseudoschub kommt es z.B. bei einer Blasenentzündung infolge einer Infektion mit Bakterien. Bei MS-Betroffenen, die unter Spastiken der Beine leiden, führt diese Infektion zu einer Verstärkung der Krämpfe und der Steifigkeit in den Beinen. Wird die Blasenentzündung mit Antibiotika behandelt, bilden sich auch diese Symptome wieder zurück. Ein Beispiel für eine vorübergehende Verschlechterung der MS-Symptome ist eine wenige Minuten dauernde krampfhafte Muskelverspannung. Häufig leiden MS-Betroffene auch nach einem heißen Vollbad unter einer plötzlich auftretenden Krankheitsverschlechterung, die sich jedoch innerhalb kurzer Zeit zurückbildet.

Ursachen für einen MS-Schub

Die Ursache für einen MS-Schub sind ein oder mehrere frische Entzündungsherde im Zentralnervensystem (ZNS). Die Weiterleitung der elektrischen Nervenimpulse wird dadurch beeinträchtigt.

Die Faktoren, die einen Schub auslösen können, sind noch nicht genau geklärt. Man vermutet, dass fieberhafte Infekte, starke oder anhaltende psychische Belastungen, größere Operationen, Hormonschwankungen, bestimmte Impfungen oder auch Arzneimittel, die das Immunsystem stimulieren (auch rezeptfreie), einen MS-Schub auslösen können.

Symptome eines MS-Schubs

Je nachdem, in welcher Region sich die Entzündungsherde befinden, können die Beschwerden sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Prinzipiell können bei einem MS-Schub alle Krankheitszeichen zum ersten Mal überhaupt oder erneut auftreten. Dazu zählen vor allem Fatigue, Blasenstörungen wie Harninkontinenz, Darmstörungen wie Stuhlinkontinenz, Lähmungen der Muskeln oder eine krampfartige Erhöhung der Muskelspannung in Armen und Beinen (Spastik), aber auch Schmerzen, Sehstörungen, Probleme mit dem Gleichgewicht und der Koordination, Taubheitsgefühl und Empfindungsstörungen an Armen und Beinen. Sprech- und Schluckstörungen oder Augenbeschwerden können bei einem MS-Schub erstmalig auftreten oder sich verschlechtern.

Behandlung eines MS-Schubs

Ein MS-Schub stellt für die Betroffenen eine starke körperliche und seelische Belastung dar. Deswegen ist ein vorübergehender Krankenhausaufenthalt oft sinnvoll. Die MS-Patienten sind im akuten Schub zwar arbeitsunfähig, müssen jedoch keine Bettruhe einhalten. Vielmehr ist es oft sinnvoll, begleitend eine Ergotherapie oder eine Physiotherapie zu erhalten.

Die wichtigste Maßnahme beim akuten MS-Schub ist die Gabe eines Kortisons. Es wird im Krankenhaus über drei bis fünf Tage als Kurzinfusion etwa eine Stunde lang in die Venen des Patienten gegeben. Diese Substanzen wirken sehr stark entzündungshemmend und verringern die Symptome des akuten Schubs.

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Wenn ein Patient kein Kortison verträgt oder die Behandlung nicht anschlägt, ist eine Plasmaseparation die zweite Wahl bei der Therapie des akuten MS-Schubs. Der Arzt verbindet eine Kanüle, die in einer Vene im Arm des Patienten platziert wird, mit einem Zellseparator. Das Blut des Patienten fließt dann in das Gerät, wo es mithilfe einer Zentrifuge in seine festen (Blutzellen) und flüssigen (Blutplasma) Bestandteile zerlegt wird.

Im Plasma von MS-Patienten sind verschiedene Botenstoffe des Immunsystems enthalten, die die Krankheit fördern. Sie werden bei diesem Verfahren entfernt. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Im ersten Fall wird das Plasma des Patienten durch Plasma eines gesunden Spenders ersetzt (Plasmapherese). Die andere Möglichkeit ist, dass der Patient sein eigenes, zuvor mithilfe von speziellen Filtern von schädlichen Immunzellen gereinigtes Plasma mit den zuvor abgetrennten Blutzellen zurückerhält (Immunadsorption).

Möglichkeiten der Vorbeugung eines MS-Schubs

Leider gibt es derzeit noch keine konkreten Prophylaxe-Maßnahmen, um MS-Schüben vorzubeugen. Es empfiehlt sich jedoch, all diejenigen Faktoren zu meiden, die schubauslösend wirken können. Dazu zählen extreme körperliche und psychische Belastungen und Infektionen. In Zeiten hoher Ansteckungsgefahr durch Erkältungsviren ist es deshalb sinnvoll, eine gründliche Händehygiene durchzuführen und den Kontakt zu Erkrankten zu meiden. Bestimmte rezeptfreie Arzneimittel, beispielsweise immunstimulierende Mittel, sollten MS-Betroffene nur nach Rücksprache mit ihrem Arzt einnehmen.

Wie erfolgt die Therapie bei MS?

Derzeit gibt es leider noch keine Medikamente oder Verfahren, um die Multiple Sklerose zu heilen und zerstörte Nervenbahnen wieder zu reparieren. Dennoch sind zahlreiche Therapien verfügbar, mit denen die Patienten eine gute Lebensqualität erreichen können. Die Behandlung umfasst medikamentöse und nicht-medikamentöse Maßnahmen.

Die wichtigsten Ziele der MS-Therapie bestehen darin:

  • die Krankheitssymptome zu lindern,
  • MS-Schübe zu verhindern,
  • das Auftreten körperlicher Behinderungen zu verzögern,
  • das Fortschreiten der Behinderungen zu verlangsamen.

a) Medikamentöse Therapie

Bei der Behandlung der Multiplen Sklerose haben Medikamente eine große Bedeutung, und mittlerweile sind sehr viele verschiedene Wirkstoffe zugelassen.

Die MS-Medikamente lassen sich einteilen in:

- Medikamente beim akuten Schub der MS

- verlaufsmodifizierende Medikamente

- Begleitmedikamente zur Behandlung bestimmter Beschwerden wie Schmerzen, Spastiken, Blasenstörungen oder Darmstörungen (symptomatische Therapie)

Therapieziel Wirkstoffe (Auswahl)

Behandlung des akuten MS-Schubs

Methylprednisolon

Langzeitbehandlung der MS

  • Interferon beta

  • Glatirameracetat

  • Dimethylfumarat

  • Natalizumab

  • Fingolimod

  • Teriflunomid

Behandlung von MS-Symptomen

  • Baclofen

  • Tizanidin

Welche Medikamente eignen sich zur Behandlung eines akuten Schubs?

Das wichtigste Medikament zur MS-Therapie beim akuten Schub enthält den Wirkstoff Methylprednisolon, der zur Gruppe der Kortisone gehört. Das MS-Medikament wird in hoher Dosis über drei bis fünf Tage als Kurzinfusion etwa eine Stunde lang in die Venen des Patienten gegeben. Diese Behandlung erfolgt im Krankenhaus. Methylprednisolon wirkt sehr stark entzündungshemmend und verringert die Symptome des akuten Schubs. Wenn ein Patient dieses MS-Medikament nicht verträgt, wird der Arzt einen anderen Wirkstoff aus der Gruppe der Kortisone (z.B. Dexamethason, Prednison) verabreichen. Wenn ein Patient kein Kortison verträgt oder die Behandlung nicht anschlägt, wird bei der MS-Therapie des akuten Schubs alternativ eine Plasmaseparation (Plasmapherese) durchgeführt.

Welche Medikamente werden bei MS zur Langzeitbehandlung eingesetzt?

In der MS-Therapie kommen verschiedene, sogenannte verlaufsmodifizierende Medikamente zum Einsatz. Die Patienten müssen sie dauerhaft einnehmen. Ziel ist es, die Entzündungsaktivität im Körper des MS-Patienten zu verringern. Nach Beginn einer MS-Langzeitbehandlung kann sich die Anzahl und Schwere der MS-Schübe verringern. Sie ist also eine Art Prophylaxe.

Für die Langzeitbehandlung der schubförmig-remittierenden MS werden folgende Wirkstoffe eingesetzt:

  • Beta-Interferone
  • Glatirameracetat
  • Teriflunomid
  • Dimethylfumarat

Sie können Schübe verhindern und wirken sich wahrscheinlich langfristig positiv auf den Krankheitsverlauf aus.

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Es gibt Patienten, die diese Wirkstoffe nicht vertragen oder bei denen sie nicht ausreichend wirken, weil die Krankheitsaktivität besonders hoch ist. In diesen Fällen haben sich folgende Medikamente bewährt:

  • Alemtuzumab
  • Azathioprin
  • Fingolimod
  • Natalizumab

Für die Behandlung der primär progredienten MS (PPMS) gab es bis Anfang 2018 noch kein zugelassenes Medikament. Nunmehr steht für diese Patienten sowie außerdem für Erwachsene mit aktiver schubförmiger MS der Wirkstoff Ocrelizumab zur Verfügung. Seit 2017 erhältlich ist der Wirkstoff Cladribin, der für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit schubförmiger Multipler Sklerose und hoher Krankheitsaktivität zugelassen ist.

Bei einigen Medikamenten, die gespritzt werden müssen, können die Patienten oder ihre Betreuungspersonen dies nach Einweisung selbst übernehmen.

Welche Medikamente kommen bei speziellen MS-Symptomen zum Einsatz?

Zur Linderung dieser Symptome setzen die Ärzte zusätzlich zu den verlaufsmodifizierenden Wirkstoffen verschiedene Medikamente ein:

  • bei einer Spastik: muskelentspannende Wirkstoffe Baclofen und Tizanidin
  • bei Blasenfunktionsstörungen, starkem Harndrang und Harninkontinenz: Trospiumchlorid, Tolterodin, Solifenacin, Oxybutinin oder Desmopressin
  • bei Darmstörungen wie Verstopfung: Abführmittel mit den Wirkstoffen Macrogol, Bisacodyl oder Natriumpicosulfat
  • bei neuropathischen Schmerzen: Gabapentin (z.B. Neurontin) oder Amitriptylin (z.B. Saroten Tabs)
  • bei Gehbehinderungen: Fampridin (Handelsname Fampyra)
  • bei sexuellen Störungen: Wirkstoffe wie Sildenfail (Viagra), Vardenafil oder Tadalafil

Die wichtigsten Medikamente im Überblick:

Baclofen (Muskelrelaxans)

Beta-Interferone

Dimethylfumarat

Fingolimod

Glatirameracetat

Natalizumab

Teriflunomid

Tizanidin (Muskelrelaxans)

b) Neurologische Rehabilitation

Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie sind Formen der neurologischen Rehabilitation. Sie sind Teil des Behandlungskonzepts bei einer Multiplen Sklerose und sollen Patienten helfen, neurologische Funktionsstörungen rückgängig zu machen oder zumindest einer weiteren Verschlechterung entgegenzuwirken. Dabei muss jede Rehabilitationsmaßnahme individuell auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten werden.

Physiotherapeutische Maßnahmen (Krankengymnastik) sollen MS-Patienten vor allem dabei helfen, die körperliche Kraft, die Koordination, das Gleichgewicht und bestimmte Bewegungsabläufe (vor allem beim Gehen) zu verbessern, die Spastizität zu lindern und Kontrakturen (Verkürzungen von Muskeln, Sehnen oder Bändern) vorzubeugen. Häufig eingesetzt werden in der Rehabilitation bei MS das Bobath-Konzept, die PNF-Methode (PNF=Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitierung), das Vojta-Prinzip oder die Hippotherapie (Physiotherapie mit Kleinpferden). Bei Blasenfunktionsstörungen kann ein spezielles Beckenbodentraining bzw. Blasentraining zur Verbesserung der Symptome (z. B. Harninkontinenz) beitragen. Bei schmerzhaften spastischen Muskelkontraktionen können außerdem physikalische Maßnahmen wie die Eisbehandlung oder Bewegungsübungen unter Wasser hilfreich sein. Da die von den Krankenkassen übernommenen Physiotherapien meistens zeitlich begrenzt sind, sollten die Patienten dazu motiviert werden, bestimmte Übungen zuhause, ggf. mit Unterstützung eines Partners, durchzuführen.

Ergotherapie ist eine Form der Rehabilitation, bei der Tätigkeiten des alltäglichen Lebens geübt und neu erlernt werden. Neben der Förderung der Beweglichkeit liegt der Fokus hierbei auch auf dem Training von Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnis und Ausdauer. Der MS-Patient soll dadurch seine Selbständigkeit im Beruf, in der Freizeit und im sozialen Leben möglichst lange erhalten oder nach einem Schub wiedererlangen.

Die Logopädie hat die Aufgabe, Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen bei MS-Patienten zu erkennen und zu behandeln. Die Logopäden arbeiten dabei eng mit Physiotherapeuten und Ergotherapeuten zusammen.

c) Komplementäre Therapien

Viele MS-Patienten möchten zusätzlich zu den Medikamenten und Therapien, die der Arzt verordnet hat, selbst etwas gegen ihre Erkrankung unternehmen. Solche Behandlungsmethoden werden als komplementär bezeichnet. Hierzu zählen u.a. Entspannungstechniken (z.B. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Feldenkrais), Homöopathie, Akupunktur sowie die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) oder die Bachblütentherapie. MS-Patienten können damit oftmals ihre Krankheit besser bewältigen und mit den Nebenwirkungen der Therapie besser zurechtkommen. Daneben werden gelegentlich auch „Wundermittel“ gegen MS-Symptome angepriesen (z. B Frischzellentherapie). Derartige Heilverfahren besitzen keinerlei Wirksamkeitsnachweis und bergen z.T. hohe Risiken für gefährliche Nebenwirkungen. Es wird empfohlen, dass MS-Patienten mit ihrem Arzt sprechen, wenn sie vorhaben, eine der komplementären Therapien anzuwenden.

Wie sieht ein Leben mit MS aus?

Je nach Schweregrad kann die Multiple Sklerose mit zahlreichen Einschränkungen im Alltag verbunden sein. Weit verbreitet ist die Meinung, dass MS-Betroffene auf viele angenehme Dinge wie Reisen, Sport, Haustiere oder Auto fahren verzichten müssen sowie auch ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Richtig ist, dass MS-Betroffene keine anstrengenden und gefährlichen Sportarten betreiben sollten. Auch beim Thema Urlaub ist nicht jedes Reiseland uneingeschränkt zu empfehlen. Dennoch sind auch mit MS viele Aktivitäten möglich. Dank moderner Therapien können sich viele MS-Betroffene heute einen Kinderwunsch erfüllen. Auch am Arbeitsplatz gibt es viele Gestaltungsmöglichkeiten (z.B. Rollstuhl-gerechter Umbau), sodass Betroffene trotz Einschränkungen ihre berufliche Tätigkeit häufig lange ausüben können.

Berufstätigkeit

Die MS-Diagnose erhalten Betroffene oft mitten in einem beruflich aktiven Lebensabschnitt. Sie haben gerade eine lange Ausbildung oder ein Studium beendet oder sie stehen bereits mitten im Beruf. Dank moderner MS-Medikamente können viele Patienten jahrelang ohne größere Einschränkungen berufstätig sein. Bei einigen Betroffenen beeinträchtigen jedoch MS-Symptome wie Fatigue oder Sehstörungen den Arbeitsalltag erheblich. Es kann daher hilfreich sein, den Arbeitgeber und die Kollegen frühzeitig über die Krankheit zu informieren. Dann lassen sich die Arbeitsaufgaben besser an das Leistungsvermögen des MS-Betroffenen anpassen. Wichtig sind regelmäßige Ruhepausen. Dennoch müssen sich Patienten darüber im Klaren sein, dass im MS-Verlauf verschiedene Behinderungen auftreten werden, deren Beginn und Umfang sich zum Zeitpunkt der MS-Diagnose noch nicht abschätzen lassen. Deshalb ist es sinnvoll zu überlegen, ob der derzeit ausgeübte Beruf noch beibehalten werden kann, wenn sich eine schwere Behinderung entwickelt hat, oder ob gegebenenfalls eine Umschulung sinnvoll ist. Ist dies nicht möglich und sind die Beeinträchtigungen sehr schwer, haben MS-Patienten einen Anspruch auf Invaliditätsrente.

Freizeit und Hobbys

Bei der Freizeitgestaltung müssen MS-Betroffene weniger Einschränkungen in Kauf nehmen, als sie vielleicht vermuten. Dennoch ist es wichtig, Beschäftigungen mit einem geringen Verletzungsrisiko auszuwählen. MS-Betroffene, die berufstätig sind, sollten Entspannungstechniken erlernen, die sie in ihrer Freizeit einsetzen. Besonders empfohlen werden bei Multipler Sklerose:

  • die Progressive Muskelentspannung nach Jakobson
  • Autogenes Training
  • Yoga
  • Tai Chi

Entspannen und „Auftanken“ können MS-Betroffene auch beim Musikhören, bei Konzert-, Theater- oder Kinobesuchen sowie bei Treffen mit Freunden. Die Pflege von Freundschaften und anderen sozialen Kontakten ist besonders für diejenigen Betroffenen wichtig, die aufgrund ihrer Erkrankung nicht mehr berufstätig sein können. Außerdem ist für MS-Betroffene – wie für alle Menschen – genügend Schlaf notwendig.

Neben Entspannung und ausreichendem Schlaf wirkt sich regelmäßige Bewegung positiv auf das Allgemeinbefinden von MS-Patienten aus. Früher vertrat man die Auffassung, dass MS-Betroffene keinen Sport treiben sollten, da dieser leicht zu Überforderungen führen könnte. Heute wird MS-Betroffenen eine mäßige, dem individuellen Leistungsvermögen angepasste, sportliche Betätigung empfohlen. Dabei sollten Sportarten ausgewählt werden, die die Koordination, die Ausdauer und die Beweglichkeit schulen. Wird Sport gemeinsam mit anderen MS-Betroffenen betrieben, können sich die zwischenmenschlichen Kontakte und die Möglichkeiten des Austauschs zusätzlich positiv auswirken. Vermeiden sollten MS-Betroffene sehr anstrengende Sportarten mit hoher Verletzungsgefahr. Denn durch eine zu hohe Belastung kann sich die Krankheit verschlechtern. Dieses Risiko besteht auch, wenn sich bei starker sportlicher Betätigung die Körpertemperatur erhöht. Regelmäßige Pausen – bei Sport im Freien auf jeden Fall im Schatten – sollten berücksichtigt werden.

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Geeignete Sportarten sind:

  • Schwimmen und Wassergymnastik
  • leichte gymnastische Übungen, Gymnastik zu Musik
  • leichte Ballspiele
  • Reiten
  • Radfahren
  • Nordic Walking
  • Wandern

Früher herrschte die Auffassung, dass MS-Patienten von Haustierhaltung, insbesondere von Hunden, abgeraten werden soll. Hintergrund war, dass man ein bestimmtes, nur bei Hunden vorkommendes Virus (Hundestaupe-Virus) mit der Krankheit in Verbindung brachte. Diese Vermutung konnte mittlerweile durch Studien widerlegt werden. Heute ist man der Auffassung, dass Haustiere einen positiven Effekt auf den Alltag von MS-Betroffenen haben, vor allem wenn sie nicht mehr berufstätig sind.

Die MS-Diagnose per se ist kein Grund, auf das Führen von Kraftfahrzeugen zu verzichten. Einschränkungen sind dann notwendig, wenn körperliche Behinderungen oder Augenprobleme bestehen, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs unmöglich machen. Vielmehr sollte immer eine individuelle Einschätzung, am besten durch den behandelnden Arzt, vorgenommen werden. Das ist vor allem nach einem MS-Schub notwendig. Dann sollte geprüft werden, ob sich die Symptome und Einschränkungen durch den Schub vollständig oder nur teilweise zurückgebildet haben.

Reisen

Urlaube und Reisen sind eine gute Möglichkeit, abzuschalten und Ablenkung zu finden. Vor Reisebeginn sollten jedoch die Bedingungen am Urlaubsort wie die Eignung der Unterkunft für den Rollstuhl sowie das Vorhandensein öffentlicher Rollstuhl-gerechter sanitärer Anlagen sorgfältig geprüft werden. Außerdem ist die medizinische Versorgung am Zielort ein wichtiger Punkt auf der Checkliste für die Vorbereitung. Reisen in sehr warme Länder sollten MS-Betroffene meiden, da das Klima für sie sehr belastend sein kann. Bekannt ist das sogenannte Uthoff-Phänomen, bei dem eine Erhöhung der Körpertemperatur zu einer schlechteren Leitfähigkeit der Nervenbahnen führt. Die Folge ist eine Verstärkung von Krankheitssymptomen wie Müdigkeit, Schwäche, Spastiken oder Lähmungen, und das Sehvermögen kann sich verschlechtern.

Bei Reisen in bestimmte Regionen werden besondere Impfungen empfohlen, z.B. gegen Gelbfieber oder Hepatitis B. Bei Impfungen mit Totimpfstoffen wie der Hepatitis ist kein Problem zu befürchten. Jedoch zählt der Gelbfieberimpfstoff zu den Lebendimpfstoffen, von denen bekannt ist, dass sie die Schubrate erhöhen. Eine Gelbfiebererkrankung ist andererseits mit einer Sterblichkeit von 30 Prozent verbunden. Deshalb muss in diesem Fall gemeinsam mit dem Arzt eine gründliche Nutzen-Risiko-Abwägung durchgeführt werden.

MS-Betroffene, deren Medikamente kühl oder bei Temperaturen nicht über 25 Grad Celsius zu lagern sind, müssen Vorsorge für den Transport und die Aufbewahrung am Zielort treffen.  Für eventuelle Rückfragen bei der Kontrolle am Flughafen sollten sich MS-Patienten vom Arzt bestätigen lassen, dass sie Medikamente (Spritzen) für ihre Krankheit mit sich führen müssen. Bei Fernreisen ist außerdem ein Therapiepass empfehlenswert, in dem der Arzt (idealerweise auf Englisch) die Krankheit kurz beschreibt.

Generell sollten MS-Betroffene ihre Medikamente und Hilfsmittel (Windeln für Erwachsene, Inkontinenzeinlagen usw.) in ausreichender Menge mit auf die Reise nehmen.

Sexualität

Zu den MS-Symptomen, die bei einem Teil der Betroffenen auftreten, zählen Probleme mit dem Sexualleben. Die Ursache dafür sind Schäden an den Nervenbahnen, die zu den Geschlechtsorganen und den erogenen Zonen des Körpers führen. Bei Frauen zeigen sich diese Schäden als Empfindungsstörungen im Genitalbereich, Scheidentrockenheit oder Scheidenkrämpfe. Gegen Scheidentrockenheit helfen befeuchtende Vaginalgele oder eine Hormonbehandlung, die der Arzt verordnen kann. Bei männlichen MS-Patienten kann es infolge der Erkrankung zu Erektionsstörungen kommen. Auch hier ist ärztliche Unterstützung durch Verordnung eines Medikaments möglich. Weiterhin können sich Schmerzen, Harninkontinenz, Stuhlinkontinenz, Muskelstörungen, Fatigue und weitere MS-Symptome negativ auf das Sexualleben auswirken. MS-Betroffene sollten mit ihrem Partner offen über ihre Probleme sprechen und gemeinsam Wege finden, dennoch ein erfülltes Sexualleben zu genießen. Neben dem Arzt können auch Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen Unterstützung geben. MS-Betroffene mit Harninkontinenz und/oder Stuhlinkontinenz leiden oft zusätzlich zu den MS-Symptomen unter einem starken Schamgefühl. Hilfsmittel wie Analtampons, die anale Irrigation, die Selbstkatheterisierung mit Einmalkathetern sowie Urinalkondome – zum Verbergen von unabsichtlichem Abgang von Urin-Tropfen – können Betroffenen während des sexuellen Beisammenseins ein Gefühl der Sicherheit vermitteln.

Kinderwunsch und Schwangerschaft

Frauen sind von Multipler Sklerose zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Männer. Die meisten Erkrankungsfälle werden um das 30. Lebensjahr diagnostiziert – in einer Zeit also, in der sich viele Paare intensiv mit dem Thema Familienplanung beschäftigen. Früher wurde Frauen mit MS von einer Schwangerschaft abgeraten oder ein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen. Heute weiß man, dass aus medizinischen Gründen nichts gegen eine Schwangerschaft spricht. Sie hat keinen negativen Einfluss auf das Kind und wirkt sich kaum auf den Krankheitsverlauf der Mutter aus. Lediglich in den ersten sechs bis 12 Monaten nach der Geburt kann die Schubrate erhöht sein, da hormonelle Umstellungen, wie sie nach einer Schwangerschaft auftreten, einen MS-Schub auslösen können. Manchmal kommt es aber auch zur Verbesserung der Erkrankung. Viele Paare, bei denen ein Partner an Multipler Sklerose erkrankt ist, entscheiden sich dennoch gegen ein Kind. Der Grund dafür liegt häufig darin, dass sie unsicher sind, ob sie die Anforderungen des Familienalltags trotz der Einschränkungen und Behinderungen, die die MS mit sich bringt, bewältigen können.

Bei Frauen mit Multipler Sklerose, die eine Schwangerschaft planen und Immuntherapeutika einnehmen, muss der Arzt diese absetzen. Interferone und Glatirameracetat sollten möglichst noch vor der Schwangerschaft, spätestens aber nach dessen Beginn, abgesetzt werden. Besondere Vorsichtsmaßnahmen gelten für die beiden MS-Medikamente Fingolimod und Teriflunomid. Fingolimod muss bereits zwei bis drei Monate vor der geplanten Schwangerschaft abgesetzt werden. Denn so lange dauert es, bis der Körper den Wirkstoff komplett ausgeschieden hat. Bei Teriflunomid muss sogar zwischen acht Monaten und zwei Jahren gewartet werden. Das gilt auch für Männer, die ein Kind zeugen möchten, da die zellschädigende Substanz im Sperma vorkommt. Beschleunigen kann man die Ausscheidung von Teriflunomid, indem der Patient Aktivkohle einnimmt. Anschließend müssen Bluttests folgen, um sicherzugehen, dass die noch verbliebenen Mengen des Wirkstoffs im Blut unter der Konzentration liegen, die für das Ungeborene gefährlich werden könnten.

Dagegen können Steroide, die zur Behandlung eines MS-Schubs eingesetzt werden, auch in der Schwangerschaft eingesetzt werden.

Stillende Frauen, die wegen eines MS-Schubs mit einer hohen Kortison-Dosis behandelt werden, sollten ggf. nach der Infusion drei bis vier Stunden bis zum nächsten Stillen warten oder die Milch abpumpen und verwerfen. Bei anderen MS-Medikamenten, z.B. Immuntherapeutika, wird dagegen nicht zum Stillen geraten.

Ernährung

Da MS-Patienten ohnehin mit einer Vielzahl von gesundheitlichen Einschränkungen leben müssen, ist es empfehlenswert, die Mahlzeiten abwechslungsreich und mit vielen Vitaminen und Mineralstoffen zuzubereiten und einen gesunden Lebensstil zu führen.

Die Ernährung bei MS sollte reich an pflanzlichen Produkten sein, da diese viele Ballaststoffe enthalten. Empfohlen wird zudem, pro Tag nicht mehr als 60 bis 80 Gramm Fett aufzunehmen. Dabei ist auch auf „versteckte Fette“ (z.B. in Gebäck, Fast Food) zu achten. Auch Zucker und Süßigkeiten sollten nur selten auf dem Speisenzettel stehen. Regelmäßig, aber in Maßen, wird MS-Betroffenen Fleisch (helles Fleisch, z. B. Geflügel), Fisch (vor allem Seefisch) und Eier empfohlen. Zum Würzen verwendet man am besten frische Kräuter, Gewürze und Jodsalz mit Fluorid. Empfehlenswert ist darüber hinaus ein hoher Anteil an Obst und Gemüse (5 Portionen am Tag), da diese viele Ballaststoffe enthalten.

Gemeinsam mit einer ausreichenden täglichen Trinkmenge (ca. 1,5 bis 2 Liter) können diese dazu beitragen, Verstopfungen und Darmträgheit zu vermeiden.

Wer bei einem geselligen Essen mit der Familie oder mit Freunden gern ein Gläschen Wein trinkt, muss darauf nicht verzichten. Denn verschiedene Studien haben gezeigt, dass sich Alkohol, in Maßen genossen, nicht negativ auf den Verlauf der MS auswirkt. Dennoch sollten MS-Betroffene bedenken, dass Alkohol ein Nervengift ist. Je nach Empfindlichkeit können bereits geringe Mengen MS-Symptome wie Fatigue, Koordinationsstörungen oder Gangunsicherheiten verschlimmern. Daher sollten MS-Patienten Alkohol nicht regelmäßig und nur in Maßen konsumieren.

MS-Symptome wie Störungen der Feinmotorik, Zittern (Tremor), Lähmungen oder Schluckstörungen können zu Problemen beim Essen und Trinken führen. Dafür stehen eine Reihe von Ess- und Trinkhilfen zur Verfügung. Den Gebrauch dieser Hilfsmittel können Betroffene im Rahmen von Rehabilitationsmaßnahmen erlernen. Bei der Behandlung von Schluckstörungen geben Logopäden Unterstützung.

  • Diäten:

Seit vielen Jahren werden MS-Betroffenen spezielle Diäten empfohlen. Dazu zählt u.a. die Evers-Diät, bei der vorwiegend Rohkost verzehrt werden soll. Der Hintergrund ist, dass gekochte oder künstlich hergestellte Nahrungsmittel die Multiple Sklerose verschlechtern könnten. Dagegen empfiehlt die Diät nach Dr. Swank, maximal 15 bis 20 Gramm tierisches Fett zu verzehren. Auch eine gluten- und allergenfreie oder eine vegetarische Ernährungsweise zählen zu den Empfehlungen für MS-Patienten. Für den Nutzen solcher Diäten gibt es keine Belege. Ärzte raten deshalb davon ab.

  • Nahrungsergänzungsmittel:

Nahrungsergänzungsmittel (Supplemente) werden bei Multipler Sklerose stark beworben. Während für Arzneimittel, bevor sie auf den Markt kommen, die Wirksamkeit in Studien nachgewiesen werden muss, ist dies bei Supplementen nicht notwendig. Demzufolge ist nicht geklärt, ob diese Produkte tatsächlich einen Nutzen für MS-Betroffene haben. Außerdem ist die MS keine „Mangelkrankheit“, bei der ausgewählte Stoffe ergänzt werden müssten – im Gegenteil: Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in Form von Kapseln, Pulvern oder flüssigen Zubereitungen kann dem Patienten sogar schaden, weil sie häufig zu einer einseitigen Ernährung führen und darüber hinaus oft sehr teuer sind.

Am häufigsten werden die Vitamine C, D, E und B-Vitamine bei MS empfohlen. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass mit einer vollwertigen Ernährung ausreichend Vitamine über die Nahrung zugeführt werden. Voraussetzung ist, dass keine Darmstörungen vorliegen, sodass diese auch vom Körper aufgenommen werden. Eine zusätzliche Vitaminzufuhr als Kapseln, Pulver oder Drinks ist deshalb in den meisten Fällen nicht notwendig. Die übermäßige Zufuhr fettlöslicher Vitamine (A, D, E und K) kann sogar gesundheitsschädlich sein.

Zu Vitamin D gibt es Erkenntnisse, dass es sich positiv auf das Immunsystem auswirkt und entzündliche Reaktionen vermindern soll. Unterstützt wird diese Hypothese durch Beobachtungen, dass Bewohner von sonnenreichen Regionen, wo die Vitamin D-Produktion in der Haut durch das Sonnenlicht stark angeregt wird, seltener an MS erkranken als Menschen in Regionen mit geringerer Sonneneinstrahlung.

Weitere Nahrungsergänzungsmittel, die bei MS empfohlen werden, enthalten beispielsweise Nachtkerzenöl oder bestimmte Fettsäuren wie Linolsäure. Eindeutige Belege für den Nutzen der Einnahme solcher Produkte gibt es derzeit jedoch nicht.

  • Künstliche Ernährung:

Wenn die normale Aufnahme von Nahrung und/oder Flüssigkeit nicht mehr möglich ist, wird der Arzt eine künstliche Ernährung erwägen, um Mangelzustände zu vermeiden. Für diese enterale Ernährungsform gibt es zwei Möglichkeiten: ein Kunststoffschlauch (Sonde) wird entweder über die Nase (nasogastrale Sonde) oder durch die Bauchdecke (z.B. als Magensonde) eingeführt.

Elena Leibold

Elena Leibold
PROLIFE homecare GmbH, Kaufungen

Elena Leibold ist examinierte Krankenschwester und arbeitet seit 2006 in diesem Beruf. Seit August 2023 ist sie Teil des PROLIFE-Teams. Ihre Hauptaufgaben umfassen die Betreuung und Beratung der Online-Kunden sowie die Bemusterung und Belieferung.
Ihr Fokus als Fachkraft für Kontinenzförderung liegt auf der Unterstützung von Patienten mit ableitender Inkontinenz und auf dem Bereich ISK, insbesondere bei Querschnitt-Patienten. In enger Zusammenarbeit mit der Orthopädischen Klinik in Hessisch Lichtenau betreut sie diese Patientengruppe regelmäßig.​
Ihr Ziel ist es, nicht nur ihre fachliche Expertise zu erweitern, sondern auch in anderen Lebensbereichen, die von Inkontinenz betroffen sind, aufzuklären und kompetent zu beraten.