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Reizdarm

Was ist ein Reizdarm?

Bei einem Reizdarm handelt es sich um eine sehr häufige funktionelle Erkrankung des Darms, die zu immer wieder auftretenden Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen und Unregelmäßigkeiten des Stuhlgangs führt. Funktionell bedeutet, dass sich keine organische Ursache für das Auftreten der Symptome finden lässt. Da bei einem Reizdarm in den meisten Fällen der Transport der Nahrung im Dickdarm (Kolon) gestört ist, nennen Mediziner die Erkrankung Colon irritabile oder auch irritables Kolon. Neben dem Dickdarm kann aber der gesamte Verdauungstrakt, das heißt auch der Dünndarm und der Magen betroffen sein.

Der Verlauf des Reizdarms ist sehr unterschiedlich. So haben einige Erkrankte dauerhafte Beschwerden, bei den meisten Betroffenen treten die Symptome allerdings nur gelegentlich und in besonderen Situationen auf. Da die Erkrankung aber meist über Jahre oder sogar Jahrzehnte bestehen bleibt, kann ein Reizdarm erheblich die Lebensqualität Betroffener einschränken. Trotz einer Therapie werden nur wenige Erkrankte vollkommen beschwerdefrei. Allerdings ist die Erkrankung weder schwerwiegend noch führt sie in der Folge zu anderen Erkrankungen. Auch die Lebenserwartung ist durch sie nicht eingeschränkt.

Die Häufigkeitsangaben zu einem Reizdarm sind sehr ungenau, da nicht alle Betroffenen aufgrund der Beschwerden einen Arzt aufsuchen. Schätzungen gehen allerdings von zwölf Millionen Betroffenen in Deutschland aus. Er kann in jedem Alter auftreten. Frauen sind häufiger davon betroffen. Mit zunehmendem Einkommen sinkt das Risiko für einen Reizdarm.

Reizdarm und Stuhlinkontinenz

Stuhlinkontinenz kann auch bei Reizdarm auftreten – sowohl als Folge von verstärktem Stuhldrang, unkontrolliertem Stuhlabgang, Durchfällen oder auch Verstopfungen, wenn sich „Reste“ am harten Stuhl vorbei den Weg nach außen bahnen. Das Resultat sind in jedem Fall sogenannte Stuhlunfälle. Es wird eingekotet, die Unterwäsche wird verunreinigt, vermehrte Blähungen können auftreten. Es kann auch zu „Unfällen“ während des Geschlechtsverkehrs kommen.

Wie sehen die Symptome aus?

Bei einem Reizdarm treten Symptome auf wie Bauchschmerzen bis hin zu Bauchkrämpfen und Blähungen sowie das Gefühl, dass der Bauch stark aufgebläht und gespannt ist. Stuhlunregelmäßigkeiten wie Verstopfung und Durchfall wechseln sich meist ab, häufig sind Schleimbeimengungen im Stuhl erkennbar. In vielen Fällen haben Betroffene Schmerzen beim Stuhlgang, oft kommt es danach zu einem Gefühl, dass der Darm nicht vollständig entleert ist. Die Bauchschmerzen bessern sich allerdings meist nach einem Toilettengang. In der Nacht sind die meisten Betroffenen beschwerdefrei. Beschwerden treten vorübergehend auf, auf Reisen, bei Stress oder auch ungewohnter Nahrung.

Diese Beschwerden sind einzeln für sich betrachtet wenig eindeutig, in ihrer Gesamtheit allerdings sehr typisch für die Erkrankung. Um einen Reizdarm eindeutig zu definieren, hat die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) bestimmte Kriterien festgelegt:

  • Es bestehen chronische, das heißt länger als drei Monate anhaltende Beschwerden des Darms (z. B. Bauchschmerzen, Blähungen), die in den meisten Fällen von Stuhlunregelmäßigkeiten begleitet werden.
     
  • Die Beschwerden sind so stark, dass der Betroffene deshalb ärztliche Hilfe aufsucht und seine Lebensqualität erheblich beeinträchtigt ist.
     
  • Es liegen keine anderen Erkrankungen vor, welche die auftretenden Beschwerden verursachen könnten.
     

Bei einem Reizdarm können neben den Beschwerden des Verdauungstrakts auch Symptome außerhalb des Darms auftreten, die so genannten extraintestinalen Manifestationen. Zu diesen zählen beispielsweise Kopf- und Rückenschmerzen, Müdigkeit oder psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen.

Was sind die Ursachen?

Die genauen Ursachen für einen Reizdarm sind bis heute noch unbekannt. Da sich keine organischen Veränderungen, wie beispielsweise Entzündungen, als Auslöser finden lassen, sprechen Mediziner von einer funktionellen Erkrankung. Auch psychosomatische Ursachen scheint es zu geben. Bei einer aufgestellten Theorie zur Entstehung des Reizdarms spielt das so genannte Enterische Nervensystem (ENS) eine wichtige Rolle. Bei dem ENS handelt es sich um ein darmeigenes Nervensystem, das die Transportfunktion des Darms reguliert. Wissenschaftler vermuten, dass die meisten Beschwerden eines Reizdarms durch eine Störung der Beweglichkeit (Motilitätsstörung) der Muskulatur des Darms ausgelöst werden. Ursache könnte eine gestörte Reizübertragung zwischen dem ENS und der Darmmuskulatur sein.

Trotz unbekannter Ursache sind aber einige Faktoren bekannt, die die Entstehung eines Reizdarms fördern und den Verlauf der Erkrankung erheblich beeinflussen können. Zu diesen so genannten Triggern gehören beispielsweise Stress und seelisch belastende Situationen. Weitere Risikofaktoren sind unter anderem eine übermäßige Empfindlichkeit der Verdauungsorgane gegenüber Schmerz, eine Fehlbesiedelung der Darmflora, eine erbliche Veranlagung oder Störungen der Immunabwehr.

In einigen Fällen litten Betroffene vor der Entstehung eines Reizdarms bereits unter einer durch Bakterien ausgelösten Entzündung des Darms, einer allergischen Reaktion oder einer Unverträglichkeit gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln (z. B. Milchprodukte, Kaffee, Alkohol, Zitrusfrüchte oder gebratene Speisen).

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Stress, seelische Belastungen und Schmerzen können Ursache von Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen sein. © Robert Kneschke/fotolia.com

Wie erfolgt die Diagnose?

Der erste Schritt bei der Diagnose eines Reizdarms ist zunächst ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt (Anamnese). Dabei macht dieser sich anhand der geschilderten Beschwerden, ihrer Intensität, Häufigkeit und Schwere ein Bild über die Erkrankung. Wichtig für die Diagnose sind auch bekannte andere Erkrankungen, Unverträglichkeiten beziehungsweise Allergien gegenüber bestimmten Nahrungsmitteln oder die Einnahme von Medikamenten. Einen Hinweis liefert oft ein schon lange andauernder Krankheitsverlauf, da viele Betroffene aufgrund der Unspezifität der Beschwerden bei einem Reizdarm erst sehr spät ärztliche Hilfe aufsuchen.

Nach dem Gespräch folgt eine gründliche körperliche Untersuchung, bei der der Arzt unter anderem den Bauch abtastet und abhört. Außerdem wird er den Enddarm vom After aus mit einem Finger austasten (rektale Untersuchung).

Wichtig ist immer, im Rahmen der Diagnostik eine mögliche andere Ursache auszuschließen! Ähnliche Symptome können Nahrungsmittelunverträglichkeiten, entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa), Erkrankungen des Magens, der Leber auch der Bauchspeicheldrüse machen!

Untersuchungsverfahren bei einem Reizdarm

Bei der Diagnose eines Reizdarms ist es vor allem auch wichtig, andere Erkrankungen, wie beispielsweise eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, bakteriell oder viral verursachte Darmentzündungen, allergische Reaktionen oder Unverträglichkeiten gegen bestimmte Nahrungsmittel oder einen bösartigen Darmtumor als Ursache für die vorhandenen Beschwerden auszuschließen. Deshalb ist es in vielen Fällen notwendig, mehrere Untersuchungsmethoden miteinander zu kombinieren, um eine eindeutige Diagnose zu erhalten.

  • Blutuntersuchung
    Im Rahmen einer Blutuntersuchung werden im Blut unter anderem die so genannten Entzündungsmarker C-reaktives Protein (CRP) und Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) bestimmt, um eine Entzündung nachzuweisen. Um weitere Erkrankungen auszuschließen, werden auch die Nieren- (z. B. Harnstoff, Kreatinin, Kreatinin-Clearance), die Leber- (z. B. GOT, GPT), die Bauchspeicheldrüsen- (z. B. Trypsin, Amylase) und Schilddrüsenwerte (z. B. TSH) gemessen. Gleichzeitig können mithilfe einer Blutuntersuchung eine Blutarmut (Anämie), ein Elektrolytmangel oder Zöliakie-Antikörper nachgewiesen werden.
  • Urin- und Stuhluntersuchung
    Mithilfe einer Urin- und Stuhluntersuchung können weitere Erkrankungen ausgeschlossen beziehungsweise bestätigt werden. Bestimmte Entzündungsmarker im Stuhlgang, wie beispielsweise Calprotectin A oder Lactoferrin, können auf eine entzündliche Ursache der Beschwerden hinweisen. Bei einer bakteriellen Infektion als Auslöser der Symptome können mögliche Erreger im Stuhlgang oder im Urin durch eine mikroskopische Laboruntersuchung nachgewiesen werden.
  • Ultraschalluntersuchung
    Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) des Bauchraums kann der Arzt den Darm und die inneren Organe auf Auffälligkeiten wie Verengungen (Stenosen), Abszesse, Fisteln, Gewebeneubildungen oder Entzündungen hin untersuchen. Bei Frauen sollten dabei auch die Fortpflanzungsorgane – vor allem auf bösartige Neubildungen - kontrolliert werden.
  • Darmspiegelung
    Ein sehr wichtiges Untersuchungsverfahren im Rahmen der Diagnose eines Reizdarms ist die Spiegelung des Dickdarms und der letzten Teils des Dünndarms (Ileo-Koloskopie). Mit ihrer Hilfe können Entzündungen der Darmwand oder bösartige Gewebeneubildungen als Ursache der Beschwerden ausgeschlossen werden. Bei der Untersuchung wird zunächst der Darm gereinigt und anschließend – meist unter einer kurzen Narkose – ein spezielles medizinisches Instrument, das Endoskop, über den After in den Dickdarm eingeführt. Ein Endoskop ist ein dünner Schlauch, der an einem Ende eine Kamera mit einer Lichtquelle besitzt. Von dieser Kamera werden die Bilder des Darminneren auf einen Monitor übertragen, sodass der Arzt jeden Abschnitt des Darms genau untersuchen kann. Mithilfe einer kleinen Zange können gleichzeitig Gewebeproben (Biopsie) aus auffälligen Stellen entnommen und anschließend im Labor histologisch untersucht werden.
  • Test auf Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten
    Mit verschiedenen Tests können mögliche Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten als Ursache für die Beschwerden ausgeschlossen beziehungsweise bestätigt werden. Zu diesen gehört beispielsweise der so genannte Laktose-Belastungstest, um eine möglicherweise vorhandene Laktoseintoleranz nachzuweisen.H2-Atemtest
  • H2-Atemtest
    Dieser soll eine bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms ausschließen.
  • Symptom-Tagebuch
    Sowohl für die Erstdiagnose als auch für die Messung eines möglichen Therapieerfolgs bietet es sich als Betroffener an, ein so genanntes Symptom-Tagebuch zu führen, in dem man beispielsweise den Zeitpunkt, die Dauer und Intensität auftretender Beschwerden einträgt. Auf diese Weise lässt sich eine objektive Aussage über die Häufigkeit der Symptome machen.

Wie wird der Reizdarm therapiert?

Zurzeit existiert noch keine Behandlung, mit der ein Reizdarm geheilt werden kann. Grund hierfür ist vor allem, dass die genaue Ursache noch nicht bekannt ist. Daher zielt eine Therapie zurzeit hauptsächlich darauf ab, vorhandene Symptome zu lindern und so die Lebensqualität Betroffener zu verbessern. Die Behandlung des Reizdarms setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen. Empfohlen werden Verhaltenstherapie, Entspannungstechniken wie autogenes Training oder auch Yoga. Bei starken Ängsten kann auch eine Psychotherapie helfen.
 

Ernährung bei Reizdarm

Auch wenn die Ernährung bei einem Reizdarm nicht eine so große Rolle spielt, wie vor einigen Jahren angenommen, verspricht eine Ernährungsumstellung häufig trotzdem eine Linderung der Symptome. Eine spezielle Diät wird bei Reizdarm nicht empfohlen. Nahrungsmittel, welche die Beschwerden auslösen oder verschlimmern, sollten grundsätzlich vermieden werden. Stattdessen sollte auf eine gesunde und ausgeglichene Ernährung geachtet werden, die reich an Ballaststoffen ist. Bei einigen Patienten scheint auch die Aufnahme so genannter Probiotika, beispielsweise Aktivkulturen mit Milchsäurebakterien (z. B. Lactobacillus oder Bifibacterium), zu helfen. Wichtig ist auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Außerdem sollten Betroffene darauf achten, sich Zeit zum Essen zu nehmen und die Mahlzeiten nicht unter Zeitdruck und in Hektik zu sich zu nehmen.
 

Medikamentöse Therapie

Eine medikamentöse Therapie bei einem Reizdarm richtet sich immer individuell nach den auftretenden Beschwerden und kann sich im Verlauf der Erkrankung ändern. Bei einer Verstopfung, die sich durch andere Methoden, wie beispielsweise viel Bewegung, ballaststoffreiche Ernährung und viel Trinken, nicht bessert, können über einen kurzen Zeitraum Abführmittel (z. B. Macrogol, Lactulose) gegeben werden. Wirkstoffe wie Loperamid können einen Durchfall durch Hemmung der Darmbewegung bessern. Je nach Art und Intensität von Bauchschmerzen und Bauchkrämpfen kann eine Vielzahl von Medikamenten zur Anwendung kommen. Arzneimittel wie Butylscopolamin, Nifedipin, Mebeverin wirken krampflösend. Außerdem können pflanzliche Medikamente (Phytotherapeutika) wie zum Beispiel Pfefferminze oder Kümmel bei Bauchschmerzen helfen. Bei Durchfall werden Antidiarrhoika und bei Verstopfung Laxanzien empfohlen. Sollte es durch die lang andauernde psychische Belastung durch einen Reizdarm zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen kommen, können Antidepressiva (z. B. Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, SSRI) eingesetzt werden.
 

Psychische Unterstützung

Da die Symptome des Reizdarms durch Stress und andere psychische Belastungssituationen ausgelöst und verstärkt werden können, sind bei vielen Betroffenen psychische Maßnahmen im Rahmen der Behandlung des Reizdarms sinnvoll. Zum einen sollte jeder Erkrankte zunächst selbst versuchen, seinen alltäglichen Stress abzubauen. Wichtig ist dabei ein regelmäßiger Tagesablauf, der vor allem auch ausreichende körperliche Bewegung (z. B. Laufen, Fahrradfahren, Schwimmen, Wandern, Gymnastik) und Zeit für eine ausgeglichene Freizeitgestaltung enthalten sollte. Spezielle Entspannungsübungen, wie beispielsweise Yoga, Autogenes Training oder Meditation, können neben einer gezielten psychotherapeutischen Therapie häufig Besserung bringen. Eine Psychotherapie ist vor allem dann hilfreich, wenn aufgrund des Reizdarms psychische Störungen wie Depressionen entstanden sind, die Beschwerden schon sehr lange bestehen oder Betroffene einen starken Leidensdruck haben.

Inkontinenz-Hilfsmittel bei Reizdarm

Bei der Bewältigung von Inkontinenzproblemen aufgrund eines Reizdarms können moderne Hilfsmittel eine wichtige Rolle spielen. Sie geben den Betroffenen oft Kontrolle, Sicherheit und Freiheit zurück und ermöglichen so deutlich mehr Lebensqualität.

Um die Bedürfnisse Betroffener möglichst gut und situationsgerecht zu versorgen, gibt es verschiedene Hilfsmittelarten und ein noch größeres Spektrum konkreter Produkte diverser Hersteller. Oft wissen Betroffene gar nicht um diese Möglichkeiten.

Aus Sicht des Einzelnen ist hier entscheidend, sich gut zu informieren und dann aus den Möglichkeiten die Versorgungslösung zu wählen, die optimal auf die individuelle medizinische Situation und seinen Lebensstil passt. Grundlage hierfür ist zum einen die richtige Diagnose, zum anderen eine Beratung durch Hilfsmittelspezialisten, die einen strukturierten Überblick über den Hilfsmittelmarkt haben und auf den individuellen Fall bezogen beraten können. Auf den Seiten zu "Produkte verstehen" finden Sie umfangreiche Informationen zu den verschiedenen Inkontinenzhilfsmitteln, deren Anwendungsbereichen und Vor- und Nachteilen.

Carola Eilers

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Carola Eilers, Kontinenz-Beraterin

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